Koran II

Guten Morgen liebe Leute!

Es ist vollbracht. – Ich habe den ganzen Koran vom ersten bis zum letzten Wort wirklich aufmerksam durchgelesen. Ich hatte vor einigen Wochen angeregt, dass wenigstens alle Muslime ihren Koran einmal ganz durchlesen, aber darüber hinaus, unter den gegebenen politischen Umständen, empfohlen, dass sich auch alle anderen Menschen auf dieser Erde dieser Mühe unterziehen sollten. Und ich bin immer noch dieser Meinung, und zwar deshalb, weil kein Kommentar dem Koran wirklich gerecht werden kann, selbstverständlich auch dieser hier nicht.
Bevor ich nun weiter auf den Text eingehe, möchte ich vorweg respektvoll erklären, dass die Religionsgemeinschaften der Muslime aus über fünfzehnhundert Jahren gewachsenen, eingeschworene Gemeinschaften mit eigenen, sehr starker Identität und in vieler Hinsicht sehr gepflegten Lebensführungen sind. Ich bin in solchen Gemeinschaften viel Weisheit und Großzügigkeit begegnet! Und der Klang und Zauber des Gesanges und der typischen Satzmelodie der Suren aus dem Koran ist ein tragender Bestandteil der täglichen, religiösen Praxis – stark und schön. Bis hierhin spielen die Inhalte der Suren erst einmal gar keine Rolle.
Aber leider gibt es auch Inhalt in den Suren. Die Grundstimmung ist leider eine dauernde Polarisierung. Ich glaube eine tägliche mehrmalige Begegnung mit der Behauptung Jehovas, beziehungsweise Allahs: „Es gibt nur einen einzigen, anbetungswürdigen Gott!“ hat Auswirkungen, und wie ich glaube: verheerende Auswirkungen. Um wie vieles friedlicher könnte die Welt ohne diesen „einen“ eifersüchtigen Gott sein!
Ein in Europa herangewachsener und an europäischen Schulen ausgebildeter Mensch kann über diesen Koran eigentlich nur entsetzt den Kopf schütteln. Vereinfacht gesagt, steht da, dass die Erde und die Menschheit von einem barmherzigen Allah geschaffen wurden, damit die Menschen ihn preisen und verehren. Darüber hinaus hat er Frauen geschaffen, damit diese dann den Männern zum „Entzücken“ gereichen.
Also, da hat ein Gott sich Freunde und Verehrer selber geschaffen und denen dann eine wunderschöne Welt und auch noch Frauen als Spielzeuge geschenkt. Auf den ersten Blick könnte man denken: Was will man mehr? Aber die Vorstellung, dass ein Gott eine Welt schafft, als Instrument für seine eigene Lobpreisung und seine eigene Verehrung, erscheint mir so absurd, dass ich diese Vorstellung gerade deshalb sehr ernsthaft kontempliere. Ein herrliches Paradoxon! Hatte dieser Gott Langeweile, oder warum hat er sich diese Mühe gemacht?
Auf solche Fragen gibt es keine Antworten im Koran.
Der Koran enthält keine eigenen Bilder, Geschichten oder Gleichnisse, denn auch die ständig wiederholten Geschichten von dem einen Gott und der Entstehung der Erde finden sich genauso in den Büchern, die Moses zugeschrieben werden. Ich habe viele heilige Schriften gelesen; aber der Koran ist davon mit Abstand die Phantasieloseste und – ! – gleichzeitig die Erfolgreichste!
Ich versuche das sehr sachlich zu betrachten. Nichts im Koran ist wirklich neu. Mohamed bedient sich anderer Autoren. Man findet, wiedererzählt, Passagen aus den Büchern Moses, nur neu interpretiert. In mehreren Suren äußert er sich zu „dem Evangelium“. Vielleicht kannte man seinerzeit und in seiner Umgebung nur eines, vielleicht meinte er ja auch ganz einfach alle Evangelien zusammen, die er kannte. Wenn er über „das Evangelium“ predigt, dann geht es immer nur um eine Frage, nämlich darum, ob Jesus der Sohn Gottes sein könne. Nein, das war er nicht. Fertig! Nachdem das in einer Sure etwas ausführlicher erklärt wird, erinnert er in späteren Suren immer wieder an diese Unmöglichkeit, indem er immer ausdrücklich von „Jesus, dem Sohn der Maria“ redet. Es ist Mohamed wichtig, zu erklären, dass er Jesus als Kollegen sehr schätzt, aber dass der nur ein ganz normaler Prophet war, so wie er selbst.
Vielmehr steht auf den 550 Seiten der deutschen Übersetzung nicht.
Jede Sure ist zwar anders, aber inhaltlich heißt es gebetsmühlenartig, dass Mohamed barmherzig ist, dann, dass die Menschen, die nur den einen Gott anbeten, der Alles geschaffen hat, in ein Paradies kommen und die anderen endlose Höllenqualen erleiden werden, wenn sie sterben.
Das war‘s!
Wenn ich im Internet Kommentare zum Koran lese, liest sich das, als gäbe es darin viele Stellen, die zur Bekämpfung der Juden und Christen aufrufen. Es gibt zwar wirklich einige, wenige, solcher Stellen (meine Übersetzung ins Deutsche ist allerdings an diesen Stellen von einem Iman Hazrat Mirza Tahir Ahmad so editiert worden, dass diese Stellen verschwommen bleiben und man sie deshalb leicht überliest), aber insgesamt klingen die Suren warm, freundlich und erhebend. Nur emanzipierte westliche Frauen werden sich daran stören, dass Frauen ständig liebevoll und gönnerisch wie Haustiere erwähnt werden. Aber wenn man sich damit abgefunden hat, haben die Suren durchaus etwas Erhebendes. Für die Emanzipation der Frauen ist der Koran eine Bedrohung. Ich möchte an dieser Stelle deutlich sagen, dass ich nicht entscheiden kann, ob eine westlich emanzipierte Frau glücklicher und freier ist, als eine fromme Muslimin, die den Männern Untertan ist und zu deren „Entzücken“ lebt. Denn es handelt sich ja um ganz verschiedene Lebensmodelle, die beide ihr Geschichte, Zusammenhänge und Funktionen haben.
Die Globalisierung bildet jedoch eine echte Bedrohung für Glück und Harmonie in muslimischen Gemeinschaften, und ich kann mir nicht vorstellen, dass sich der Islam erfolgreich noch länger als dreißig Jahre der Globalisierung und damit der Akzeptanz anderer Götter entgegenstellen kann. Wenn aber das „Nur-der-eine-richtige-Gott-Thema“ vom Tisch ist, bleibt vom Koran nicht viel übrig. Im Koran gibt es keinerlei Erkenntnislehre, keinerlei Psychologie, keine Mystik, keine Frage nach der Natur des Geistes oder eines Ich. Und wenn es im Koran einmal heißt:“Denk doch ´mal nach!“ – diese Frage wird tatsächlich einige Male erhoben -, geht es immer nur darum einzusehen, dass der, der in der Lage war diese fantastische Welt zu erschaffen, doch natürlich auch der Einzige und der wahre Gott sein müsse. Ich habe auf solche Stellen beim Lesen besonders geachtet. Ja, ich habe geradezu danach gesucht, und ich kann sicher sagen, dass „Denk doch ´mal nach!“ ausschließlich nur in diesem Zusammenhang vorkommt.
Mal wurde der Mensch aus Lehm geschaffen, mal auf der Basis eines Blutgerinnsels, aber immer bleibt unklar, ob vorher schon eine Seele bestanden hatte, die sich dann mit dem Lehm- oder Blutkonstrukt verbunden hat, oder ob die Seele sozusagen zusammen mit dem Lehm oder Blut entstanden ist. Sollte die Seele vorher noch nicht bestanden haben, wieso bleibt dann eine Seele, die dann ein glückliches oder höllisches Jenseits erfährt, wenn der Mensch stirbt und wieder zu Staub wird. Auf solche Fragen sucht man im Koran vergeblich nach Antworten.
Und dann ist mir beim Lesen immer wieder aufgefallen, wie unreflektiert und selbstverständlich vom Satan die Rede ist. Und auch hier habe ich natürlich besonders gründlich gelesen. Dieser Satan im Koran scheint fast so mächtig wie Allah zu sein? Ich hatte das Gefühl, dass die Existenz und die Aktivitäten von Satan dem Mohamed so selbstverständlich waren, dass er darüber nie weiter nachgedacht hat.
Wie der aufmerksame Leser bemerken wird, habe ich nach dem Lesen des Korans, jetzt neue und präzisere Fragen zum Islam als vorher.
Ich möchte wiederholen, dass ich muslimische Gemeinschaften immer als sehr friedfertig erlebt habe, solange man sie ernst nimmt, – und ich habe viele Monate in der Türkei, in Afghanistan und Pakistan verbracht. Hinzu kommt, dass ich die muslimischen Gemeinschaften für einen guten und wichtigen Kontrapunkt in Zeiten der Globalisierung halte. Warum muss diese interessante Alternative nur nur so unproduktiv, mörderisch, terroristisch und zerstörerisch ausfallen?
Ich rate weiterhin dazu, den Koran von Anfang bis Ende zu lesen, zumindest noch für die nächsten dreißig Jahre, aber ganz besonders empfehle ich das allen Muslimen.

Ciao ciao
euer Winni Quijote