Guten Morgen liebe Leute!
Bei Trungpa Rinpoche habe ich das erste Mal vom blauen Pfannkuchen gehört. Dieses Bild taucht zum Beispiel bei Asterix und Obelix auf. Da gibt es die Bewohner eines kleinen gallischen Dorfes die Nichts mehr fürchten, als dass ihnen der Himmel auf den Kopf fällt. Für dieses Bild von dem Himmel, der wie ein Zeltdach da oben hängt und wie ein blauer Pfannkuchen herunter fallen kann, können Buddhisten sich als Metapher für unsere Urangst begeistern, nämlicher der Angst vor unendlicher Weite und Ungewissheit. Zu einer solchen kompromisslosen Offenheit passt auch die Farbe blau so gut. Strahlendes Himmelblau. Der Kern unserer Probleme und der Grund für immer wiederkehrenden Unmut, Leidenschaft und Hass, die wir sogar haben, wenn es uns eigentlich gerade richtig gut geht, ist diese Angst. Die Angst vor der Wahrheit von der blauen, unendlichen, kosmischen Weite. Schweben, ohne Halt sein, ohne Sicherheit und ohne Bestätigung, das ist es was auf uns stürzt, und Alles woran man sich halten könnte, und das worauf wir uns stützen, löst sich auf und ist plötzlich weg und wir purzeln durch die Luft. Eigentum bedeutet gar nichts mehr, Atombunker sind nutzlos. Der Sensenmann geht um.
Puh! —— Pause!
Aber wenn wir in der Lage sind uns dafür zu öffnen und uns mutig in diese Weite fallen lassen, dann kommt plötzlich sogar richtig Freude auf. Dazu gehört allerdings Übung. Ich stelle mir vor, ich befände mich in einem Alptraum und stürze und falle, tiefer und tiefer und immer tiefer in bodenlose Unendlichkeit. Ich zappele mit den Beinen, finde aber keinen Halt. Das ist schrecklich, aber wenn dieser Alptraum nicht aufhört und ich falle immer weiter und es vergeht also Zeit, Zeit genug um mich allmählich einzugewöhnen, ich merke dass ich träume und ich bekomme ein Gefühl für meine Lage und ich kann durch gewisse mentale Bewegungen meine Haltung wenigstens ein bisschen beeinflussen, und kann die Bodenlosigkeit schließlich sogar genießen, so wie ein unbequemes Drama oder eine anstrengende Oper. Es saust zwar Alles weiterhin wie Blitzlichtgewitter und die Panik bleibt, Alles ist grell, krass und klar, aber ich erinnere mich an Humor und Aufrichtigkeit und ich beschwöre Humor und Aufrichtigkeit und mache sie lebendig, und das Ganze bekommt einen Charme obwohl es schmerzt und sich anfühlt als würde es nie mehr enden. Vergleichbar einer endlosen Achterbahnfahrt mit unendlich vielen Loopings.
Vielleicht gäbe es den blauen Pfannkuchen gar nicht, wenn nicht irgendwann die Angst begonnen hätte. Aber jetzt ist es so, dass die Biographien Einzelner und auch die ganzer Gesellschaften von dieser Angst überhaupt nur am Leben erhalten werden. Man sucht krampfhaft nach Halt nach Sicherheit und Bestätigung.
Im Morgenland ist die Angst noch nicht so dominant wie hier bei uns, dort ist es vielerorts selbstverständlicher, regelmäßig mit offener Weite zu experimentieren, und zwar nicht nur in den Klöstern.
Hier bei uns versucht man die Weite dicht zu machen, zum Beispiel in dem man sich Sicherheit durch Eigentum, Versicherungen und Reichtum schafft. Wir haben extrem ausgetüftelte und psychologische Wörter und Systeme zur Stabilisierung, zur Materialisierung und das nennt man Materialismus. Schon der kleinste Versuch, etwas fixieren oder absichern zu wollen ist Materialismus. Wir Shambhalianer unterscheiden: gewöhnlichen, psychologischen und spirituellen Materialismus, also Selbstbestätigung und Sicherheit durch Eigentum oder durch psychologische Erklärungen und Krankheiten, oder durch Glaubensbekenntnisse, religiöse Symbole und Zauberkräfte. Das sind die drei Herren des Materialismus.
Materialismus wird von dualistischem Denken getragen, also jeder Form unversöhnliche Gegensätze zu schaffen, zum Beispiel von richtig und falsch. Zum Beispiel: Materialismus ist falsch und Offene Weite ist richtig, wäre eine Form von spirituellem Materialismus, was zu weiteren extremen Wucherungen von Materialismus führt. Vielleicht sind sogar Stein, Wasser, Feuer, Wind und Ich überhaupt erst aufgrund von Materialismus entstanden, also die Welt die uns umgibt und ihre Gesetze. (Also wenn sie nicht doch Allah zu seiner eigenen Unterhaltung und um sich loben zu lassen, geschaffen hat, was so absurd klingt, dass man es sich schon fast wieder vorstellen kann.)
Denkt da doch ruhig einfach ab und zu einmal drüber nach! Das gehört zum Buddhist sein dazu! Also wohl gemerkt es geht nicht darum jetzt einfach das neue Weltbild von der Offenen Weite anzunehmen, denn das wäre ja einfach nur ein weiteres Weltbild, sondern es geht darum, sich frei zu machen, indem man mit solchen Ideen und Gedanken spielt.
Ciao ciao
Euer Winni Quijote