Kindly bent to ease us

Guten Morgen liebe Leute,
Die Metapher „Kindly bent to ease us“ findet man bei William Blake. Es bedeutet: ehrlich verneigen, um lockerer zu werden. Englisch klingt es besser. Man könnte auch sagen: Eine tiefe Verneigung tut gut. Es gibt eine Übersetzung von einem Text von Mipham Rinpoche mit diesem Titel. Da habe ich es vor 30 Jahren das erste Mal gelesen. Ich mag dieses Bild, das mit „kindly“ beginnt. Es ist schön, berührt mich und lässt mich nicht mehr los. Es wiederholt sich wie ein Mantra, einfach nur: Kindly bent to ease us, oder man tut es einfach, man verneigt sich. Man verneigt sich wenn man das Zimmer betritt, man verneigt sich, wenn man das Zimmer verlässt etc. etc.
Die ganz einfache Tätigkeit des Verneigens, also die symbolische, körperliche Aktivität des Verneigens: das Verneigen voreinander oder vor der Sonne oder vor einem Schrein, zur Begrüßung etc., so wie man das in Asien vieler Orts und bei vielen Gelegenheiten tut, diese einfache Symbolhandlung hat eine gewaltige Wirkung auf uns und unsere Welt. Jede Verbeugung kann segnen, heiligen und befreien.
Ich muss an einen Satz denken, den ich bei Steiner einmal gelesen habe: Wer als Kind nicht dient, kann im Alter nicht segnen. Einfacher und weniger faschistisch würde es klingen, wenn man sagen würde: Wer als Kind nicht Verneigungen und Dienen übt und erlernt, kann im Alter nicht aus vollem Herzen beseelt segnen.
Es gibt von Herman Hesse die Erzählung: Die Morgenlandfaht. Da geht es um Verantwortung. Unter Anderem auch um die Pflicht und die Schmerzen die damit kommen, auch für Andere Entscheidungen treffen zu müssen. Seine Aufgaben im Alter zu finden etc. und in der Erzählung beschreibt Hesse sprachgewaltig, an ihrem Höhepunkt die heimlichen Niederwerfungen eines Geistlichen. Da weinst du!

Stellt euch vor ihr seid so richtig sauer auf jemanden, habt euch tagelang in Abneigung und Hass hineingesteigert, und dann müsst ihr euch aufgrund von gesellschaftlichem Zwang vor dieser Person verbeugen oder einen Knicks machen. Beim ersten Mal fällt das wahnsinnig schwer, aber wenn man sich dann sofort noch ein zweites Mal verbeugt, und noch einmal, dann lösen sich nicht nur die Widerstände gegen die Verneigung auf, sondern auch der Groll mildert sich erstaunlich deutlich spürbar. Ich musste durch solche Situationen schon häufiger durch und ich bin bisher jedes Mal locker geworden.

Rituelle Niederwerfungen und Verbeugungen gibt es in vielen religiösen Traditionen. Also die Übung der Niederwerfungen geordnet und integriert in Übungsabläufen, inklusive Rezitationen, Visualisationen, Opferhandlungen und so weiter. In vielen buddhistischen Traditionen gehört es irgendwann dazu sogar 100 000 Niederwerfungen zu zählen. Man zählt die Niederwerfungen also an seiner Mala, an seinem Rosenkranz ab, bis man nach Monaten oder Jahren Hunderttausend zusammen hat. Das ist eine richtige Reise. Ich nennen es auch gerne „Waschmaschine“. Wenn man dann die 100-tausend oft mühsam hinter sich gebracht hat, dann bekommt diese Praxis eine Eigendynamik, dann wird aus der Pflicht die Kür, und man findet sich hier und da in hingebungsvollen Verneigungen und auch Niederwerfungen.

Als ich nach ein paar Jahren an die Stupa zurück kam, in der wir meinen Guru Chögyam Trungpa verbrannt hatten, da warf sich mein Körper am Tori einfach von selber nieder. Das ist nicht etwa die Regel, sondern mir passierte das einfach.

Naja die spinnen etwas ,die Buddhisten!
Ciao ciao
Winni Quijote

Veröffentlicht von

Winfried Kopps

Winfried Kopps wurde 1951 im Rheinland geboren. Er kam schon sehr früh mit existentialistischer Literatur in Berührung. Die ersten Autoren waren Frisch, Eich, Huysmans, Nietzsche, Sartre und Camus, aber insbesondere wurde er von Hermann Hesse, Rudolf Steiner und LSD erzogen und beeinflußt. Mit 16 las er einen Text über Buddhismus und fühlte sich sofort tief verbunden. Mit 20 verdingte er sich als Fabrikarbeiter und verdiente genug Geld um eine 15-monatige Pilgerreise, Morgenlandfahrt, nach Asien finanzieren zu können. Darauf folgte eine zweijährige Einsiedelei in Spanien. In New Dehli las er die ersten Zeilen von Chögyam Trungpa Rinpoche und erkannte in ihm seinen Guru. Neben dem Studium und der Praxis des Buddhismus und der Shambhala Lehren unter der Leitung von Chögyam Trungpa Rinpoche und Sakyong Mipham Rinpoche, erforscht er weiterhin begeistert viele verschieden religiöse Traditionen. Er ist Vater von zwei erwachsenen Söhnen und verdient sein Geld als Unternehmensberater.