Heimliche Agenda

Guten Morgen liebe Leute
Was mich an Texten von Buddhisten anfangs vielleicht am Meisten beeindruckt hat, war das hohe Maß an Selbstironie und Humor, galten doch in den 60ern Religion, Psychologie und Philosophie als unbedingt ernst zu nehmende Themen. Denken wir nur an Freud und Jung, deren Texte zu einem Viertel immer aus Warnungen und Angstmacherei bestanden. Man dürfe Psychologie nur ja nicht auf die leichte Schulter nehmen. Nur ja keine Hobbypsychologen und -innen!? Am Besten gar nicht über sich selber nachdenken? Ich glaube, da haben wir der Hippiebewegung viel zu verdanken, dass solche Schisser keine Rolle mehr spielen. Und der Dalai Lama hatte sicher auch seinen Anteil daran. Der redet verblüffend einfach, direkt und humorvoll über „ernste Themen“. Darin sind übrigens viele Tibeter sehr gut.
Als Jugendlicher fand ich ein Gedicht des eigentlich sehr wichtigtuerischen, amerikanischen Beat Barden Gary Snyder , das mit der Zeile endete:“…..und ab und zu ein bisschen O*……“ Das hat mich damals umgehauen. Da war ein von der Pflicht surreal und Beat zu sein getriebener Autor und spinnt und werkelt und dann lässt er los,– Pause– und dieser geniale Schlussakkord passiert. Wahrscheinlich war er fertig mit Dichten, lehnte sich zurück und da kam dieses : „….und ab und zu ein bisschen O…“ und trifft!!! Ganz sicher hatte er sich für einen Moment vergessen.
Es ist normaler geworden spontan zu sein, und sogar Politiker vergessen sich heutzutage manchmal auf offener Bühne, und es steht ihnen gut, obwohl es ja eigentlich ihr Beruf ist eine Agenda zu haben.
Da sagte der Dalai Lama, man möge um Gottes Willen seinen Glauben nicht aufgeben um zum Buddhismus zu wechseln. So eine Aussage verwirrt in einer Konsumgesellschaft. Jeder muss eine heimliche Agenda haben, denn sonst täte sich der Boden auf und Berge würden zu Wasser. Es darf nicht nur nicht sein, sondern es kann nicht sein, dass jemand keine heimliche Agenda hat. Irgendwie geht es doch immer darum für sich selbst, seine Firma oder eben seine Religionsgemeinschaft Werbung zu machen.
Liebe Leserin, wenn du in dich gehst und darüber nachdenkst, – – – lass dir Zeit- – – glaubst du dann immer noch, dass es Leute gibt, die keine heimliche Agenda haben? Und du lieber Leser? Selbst Mönchen und Nonnen trauen wir das nicht zu keine heimliche Agenda zu haben. Wollen die nicht auch wenigsten Werbung für ihr Kloster oder ihren Lebensstil machen? Ist es überhaupt möglich ohne heimliche Agenda zu agieren? Ist das Ich die Agenda? Oder würde man sich mit dem Verlust der heimlichen Agenda einfach in Wonne und Licht auflösen?? Irgendeinen Plan muss man doch schon haben, o o oder?!

*Ach so, mit O meint Snyder natürlich Opium. Snyder hatte einen kurzen Draht nach China.

Wahrscheinlich ist derjenige, der diesen Text gerade zu Ende ließt, die letzte Bewegung im Universum des Gary Snyder.
O O O. Ciao ciao Gary! Danke!

Ciao ciao
Winni Quijote

Veröffentlicht von

Winfried Kopps

Winfried Kopps wurde 1951 im Rheinland geboren. Er kam schon sehr früh mit existentialistischer Literatur in Berührung. Die ersten Autoren waren Frisch, Eich, Huysmans, Nietzsche, Sartre und Camus, aber insbesondere wurde er von Hermann Hesse, Rudolf Steiner und LSD erzogen und beeinflußt. Mit 16 las er einen Text über Buddhismus und fühlte sich sofort tief verbunden. Mit 20 verdingte er sich als Fabrikarbeiter und verdiente genug Geld um eine 15-monatige Pilgerreise, Morgenlandfahrt, nach Asien finanzieren zu können. Darauf folgte eine zweijährige Einsiedelei in Spanien. In New Dehli las er die ersten Zeilen von Chögyam Trungpa Rinpoche und erkannte in ihm seinen Guru. Neben dem Studium und der Praxis des Buddhismus und der Shambhala Lehren unter der Leitung von Chögyam Trungpa Rinpoche und Sakyong Mipham Rinpoche, erforscht er weiterhin begeistert viele verschieden religiöse Traditionen. Er ist Vater von zwei erwachsenen Söhnen und verdient sein Geld als Unternehmensberater.